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[Charaktergeschichte] Splitter der Vergangenheit


Asarea

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Dromund Kaas, Privaträume von Darth Saganis

Vor einigen Tagen

 

Pfeifend ging der Atem des alten Mannes, jedes Luftholen erschien wie ein mühsamer Kampf um etwas, das sich der Kontrolle zu entziehen versuchte. In der Stille des Raumes klang jedes neue Ringen nach Sauerstoff wie ein Donnerschlag, kein Geräusch von aussen wagte es, sich in diese Momente einzumischen, welche ganz dem Meister und seiner Schülerin gehörten. Er stand vor einer pyramidenförmigen Lichtquelle, die auf einer schmalen Säule angebracht war, und starrte bereits seit einer gefühlten Ewigkeit in die Helligkeit, ganz seinen umherschweifenden Gedanken verhaftet.

 

Die vor ihm knieende Sith verharrte schweigend und in stiller Konzentration. Er hatte oft diese Anwandlungen, in denen er still für sich irgendeiner Problemstellung nachhing, und es hatte sie Geduld gelehrt, einen Gesprächspartner dann sprechen zu lassen, wann er es für richtig hielt. Sein verwittertes Gesicht, in der Vergangenheit oft Ziel ihrer Betrachtung während solcher Stunden, kannte sie inzwischen so gut, dass sie es auch bei geschlossenen Augen vor sich gesehen hätte.

Aber in diesem Augenblick war sein geräuschvolles Atmen weit aufmerksamkeitsheischender. Vor Monaten hatte er ihr von einer Vision der Macht berichtet, die ihm seinen nahenden Tod vorhergesagt hatte, und seitdem hatte sich sein Gesundheitszustand rapide verschlechtert. Noch konnte er es vor anderen Sith durch die Nutzung einer Maske und eines Atemgeräts verhehlen. Doch änderte all die Technik nichts daran, dass sein Körper, den er jahrelang als willfährtiges Mittel zum Zweck der Machtgewinnung und -erhaltung genutzt hatte, ihm seine Grenzen deutlich aufzeigte.

 

Und so hatte Darth Saganis getan, was viele Sith in ihrem Leben taten, wenn unvermeidliche Konsequenzen zu befürchten waren: Er hatte die Alternativen abgewogen und sich schließlich für die gangbarste entschieden. Es war einer der Momente gewesen, in denen die Schülerin die Wege des Schicksals, welche sie mit ihm verbunden hatten, mit einer gewissen Dankbarkeit betrachtete.

Andere hätten sich zu retten versucht, durch Kybernetik, durch ersetzte Organe, durch obskure Rituale, die imstande waren, die Lebensessenz des einen in den Körper eines anderen zu übertragen. Er hatte nichts von alledem gewählt, sondern sich dafür entschieden, der Natur ihren Lauf zu lassen. Vielleicht hatte er auch einfach lange genug gelebt. Und doch war er ein Sith, und damit nicht bereit, nicht auch in seinen letzten Wochen seinen Willen durchzusetzen, zu seinen Bedingungen, nach seinem Plan.

 

Als sich Darth Saganis aus seiner nachdenklichen Pose löste, fühlte sie sofort das vertraute *****eln im Nacken, wenn er seine Kräfte nutzte. Er überprüfte sie, ihre Beherrschung, ihre Kontrolle. Dass sie ihre Prüfungen gemeistert, die unbarmherzige Ausbildung an der Akademie von Korriban überlebt hatte, war alles bedeutungslos geworden, als Darth Saganis sie in seine Dienste genommen hatte. Inzwischen wusste sie, dass es nicht viele gegeben hatten, die diese Aufgabe bewusst gewählt hätten, dafür war sie zu fremdartig.

Es gab nicht viele Chiss unter den Sith, und die wenigen wurden mit Abscheu, bedeutender Vorsicht und schnell aufbrandendem Hass behandelt. De facto waren die Chiss Verbündete des Imperiums, aber dies bedeutete noch lange nicht, dass es ihnen auch erlaubt war, sich an der Macht zu vergreifen, dieselben Rechte zu erwerben, wie sie den Reinblütern und den Menschen zustanden. Fremdlinge wurden nur zähneknirschend akzeptiert, und, wie sie selbst hatte mehrfach feststellen müssen, man versuchte sie auch schnell loszuwerden.

 

"Du wirst ab heute beginnen, die besprochenen Besuche durchzuführen, meine Schülerin," erklang die heisere Stimme Darth Saganis' durch den Raum, fast stimmlos sprach er durch den mangelnden Atem. Obwohl es ihm solche Schwierigkeiten bereitete, war er doch nicht davon abzubringen, in seinen Meditationsräumen auf jegliche Atemhilfe zu verzichten. Der Nutzung der Macht pflegte er noch immer ohne jegliches Hilfsmittel entgegen zu treten.

"Wie Ihr wünscht, mein Meister," erwiederte sie, in emotionsarmem Ton, und neigte den Kopf. Was Respektsbekundungen anging, war Darth Saganis ein Sith alter Schule, sehr autoritär, sehr klar in seinen Wünschen. Und doch - wäre er nicht im tiefsten Inneren auch ein Rebell gewesen, hätte er sich nicht der Chiss angenommen und beschlossen, ihr Potential zu erweitern und für sich zu nutzen. Das Experiment hätte schließlich auch scheitern können - und an manchen Tagen war sie sich nicht sicher gewesen, ob er sie nicht doch für ein gescheitertes Experiment hielt.

 

"Du darfst Dich entfernen." Damit wandte er sich wieder ab, ließ den wesentlichen Teil des Gesprächs ungesagt, wie so oft. Dass Scheitern nicht zur Debatte stand, war ohnehin klar. Dass dieser Befehl ein aussergewöhnlicher war, nicht minder. Wieviele Jahre er genau zählte, hätte sie nicht sagen können, der öffentliche Teil seiner Akte war darüber nicht eindeutig. Aber für einen Menschen war er definitiv alt, sein Gesicht sprach von unzähligen gelebten Jahren und einer wahren Flut an Ereignissen, die er überstanden hatte. Seine Krankheit zeichnete ihn zusätzlich, doch hatte sie ihn nie anders als in gealtertem Zustand erlebt. Und sein Alter hatte Vorteile: Er hatte seinen Platz gefunden, weitab von den politischen Intrigen der Akademie oder der Zitadelle, der Forschung und dem Studium alter Schriften, Artefakte und der gemeinsamen Geschichte von Jedi und Sith gewidmet. Vielleicht einer der wenigen Meister, die überhaupt mit dem Wissensdurst einer Chiss zurecht kommen konnten.

 

Sie verneigte sich tief, wie es üblich war, und verließ mit kaum hörbaren Schritten den Raum, in dem er schwer atmend zurückblieb und sich wieder der Betrachtung der Lichtquelle widmete. Was auch immer er darin sah, es blieb ihr verborgen, und sie hatte aufgehört, sich Fragen über die Bedeutung der kleinen Lichtpyramide zu stellen. Manche Rätsel mussten einfach warten.

 

Vaiken Raumdock, Hangar 57B

Heute

 

"Iranc'irast'eness, ja?" Der imperiale Zollbeamte betrachtete die Chiss von oben bis unten, nachdem sie ihm ihre ID-Karte ausgehändigt hatte. Anscheinend hatte er noch nicht viel mit Chiss zu tun gehabt, die Aussprache ihres Namens war grauenvoll, und sein Blick deutete wenig mehr als Abscheu aus. Sie schob langsam die Seiten ihres bodenlangen Mantels zurecht und gab den Blick auf die beiden an ihrem Gürtel hängenden Lichtschwerter frei.

"Korrekt." Er schluckte, dann gab er ihr die ID-Karte zurück und trat zurück, winkte sie durch und widmete sich dem nächsten in der Kontrollschlange. Es war definitiv leichter, sich mit irgendeinem einfachen Bürger herumzuschlagen, wenn man gerade eine Menge Frust zu kompensieren hatte, als mit einem Sith.

 

Sie schulterte den Kasten, den sie mit sich gebracht hatte, und atmete tief durch. Die klimatisierte Luft der Raumstation war an sich sauber, doch das Vorhandensein vieler Individuen, deren Sauberkeitsstandard nicht immer angemessen war, reicherte diese immer wieder durch Geruchsnuancen an, welche der Chiss einiges an Beherrschung abnötigten. Generelle Sauberkeit schien für so manche Spezies eine niederrangige Priorität zu sein. Kurz zuckten ihre Mundwinkel zu einem ironischen, vagen Schmunzeln, dann zog sie die Kapuze über den Kopf und tauchte in die Menge ein. Das erste Präsent wartete schließlich auf seine Übergabe.

Edited by Asarea
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  • 3 weeks later...

Vaiken Raumdock, Untere Ebene

Vier Tage später

 

Der Geruch erhielt fast eine Art Textur, als sie leise einatmete. Das dunkle, rauchige Aroma verbrannter Nahrungsreste ratterte über ihre Sinne wie ein Grubenfahrzeug über unebenen Boden einer Asteroidenmine. An klare, gefilterte Luft gewöhnt, erschien ihr dieser Gestank wie ein olfaktorischer Schlag ins Gesicht. Sie würde nie verstehen, warum Lebewesen Nahrung zubereiteten, sie aber dann nicht rechtzeitig von der Kochstelle nahmen, um sie zu verspeisen. Es war uneffizient, und gerade in diesem Teil des Raumdocks achteten die Leute für gewöhnlich auf ihren geringen Besitz.

Ciraste hatte einige Tage damit verbracht, ihre Zielperson zu beobachten. Sie mochte unangenehme Überraschungen nicht, und sie wollte sicher sein, dass sie nicht überrascht würden, wenn sie den Befehl ihres Meisters ausführte. Die angesammelten Informationen von einem unwichtigen Handlanger ihres Meisters beschrieben die Zielperson als ungesellig und launisch, doch lebte der Rodianer mit einer abgehalfterten Tänzerin zusammen, die inzwischen das magere Einkommen der Wohngemeinschaft mit Gelegenheitsprostitution aufbesserte.

 

So hatte sie ihn auch gefunden, und damit das traurige, schmutzige Loch, das den beiden als Unterkunft diente. Es war mehr ein Verschlag denn eine Wohnung, aus Plaststahlresten zusammengetackerte Wände, mit Lumpen und anderen leicht verfügbaren Gegenständen ausgeschmückt. Die unteren Ebenen des Raumdocks waren kein Ort, an dem etwas wie Hoffnung oder Freude Platz hatten. Hier strandeten diejenigen, denen die Credits ausgegangen waren und nicht mehr wegkamen, die sich mit ihren Gelegenheitsjobs nicht genug verdienen konnten, um auf einem Raumschiff Platz zu finden. Billige Arbeiter, um die man sich nicht kümmern musste, nur ein Quentchen vom Sklaventum entfernt.

Dass bisher noch kein Sith dorthin gegangen war, um sich alle der herumlungernden Gestalten als Sklaven unter den Nagel zu reissen, konnte auch nur am beklagenswerten Allgemeinzustand der Verlorenen liegen. Wer wollte schon einen Sklaven, der nicht viel mehr konnte als eben so am Leben zu bleiben, wenn es von überall her aus der Galaxis bessere Ware gab? Hier konnte man nur seltsame Formen des Dahinvegetierens finden, vielleicht noch seltene Mutationen von Geschlechtskrankheiten. Ab und an räumten die Behörden hier auch auf, hatte sie sich sagen lassen, doch die Verlorenen kehrten mit regelmäßiger Gewissheit wieder zurück.

 

Die Tänzerin schlug den schmutzigen Fetzen zurück, der die Türe des Verschlags darstellte, angemalt und aufgetakelt wie ein Schrottraumschiff, das zu einem zwielichtigen Händler gebracht wurde, um einem ahnungslosen Kunden angedreht zu werden. Zweifellos würde der ein oder andere stark trunkene Soldat oder Reisende mit einem besonderen Souvenir vom Vaiken Raumdock abreisen, das ihn solche Erfahrungen künftig würde meiden lassen.

Lautlos glitt die Chiss von jenem breiten Metallträger herunter, der ihr in den letzten Stunden der Beobachtungsposten gewesen war, und näherte sich dem Türfetzen. Man konnte den Rodianer von draussen bereits rumoren hören, Flaschen klirrten, er war wohl wieder auf der Suche nach ein wenig mehr flüssigem Vergessen. Mit der linken Hand schob sie das stinkende Stück Schmutz beiseite und ließ den Augen Zeit, sich an das Dämmerlicht im Inneren zu gewöhnen, bevor sie eintrat. Der Rodianer war so sehr mit seiner Suche beschäftigt, dass er die Besucherin nicht hatte kommen hören. Umso heftiger zuckte er zusammen, als er sich umdrehte und rotglühende Augen ihm entgegen starrten.

 

"Raus! Das hier is' meins! Ich hab' nichts und ich geb' auch nichts!" Taumelnd stürzte er auf sie zu. Es bedurfte keines besonderen Geschicks, den trunkenen Bewegungen des Rodianers auszuweichen, innerhalb kürzester Zeit keuchte er und verharrte unschlüssig, den Blick unsicher auf die Chiss gerichtet.

"Was wollt Ihr?"

Ciraste warf den Sack, den sie seit ihrer Ankunft mit sich getragen hatte, vor die bloßen Füße des Rodianers, die schon lange keine Schalldusche mehr gesehen hatte. Überhaupt stank es in dem kleinen Raum so durchdringend nach Schweiss und ungewaschenen Körpern, dass ihre Nase schlichtweg den Dienst verweigerte.

"Das hier gehört Dir. Ein Geschenk." Das Misstrauen im Blick des Rodianers war nahezu greifbar. Niemand schenkte einem wie ihm irgend etwas.

"Nimm es. Würde ich Dich tot sehen wollen, wärst Du längst vernichtet." Emotionslos gesprochene Worte, die den Rodianer zum Handeln animierten - vielleicht würde er auch bald seine Besucherin wieder los sein, wenn er in den Sack blickte. Umständlich öffnete er das Verschlussband, zog den darin enthaltenen Kasten heraus und öffnete ihn am seitlichen Verschluss.

 

"Nein!" Das zuvor grün-geschuppte Gesicht hatte merklich an Farbe verloren, als der Rodianer in den Kasten blickte. Ein handlicher Würfel Karbonit, auf dessen Vorderseite ein Gesicht zu erkennen war, von Überraschung verzerrt. Wie betäubt starrte der Rodianer in das auf ewig konservierte Gesicht, regelmäßige, einstmals schöne Züge einer unbekannten Frau. Dann stellte er den Kopf in Karbonit vorsichtig ab, atmete tief durch und stürzte sich mit einem wütenden Schrei auf die Überbringerin. Die Wut verlieh ihm Kräfte und eine Klarheit, die seinen vorherigen Rausch vergessen ließ, doch sein körperlicher Gesamtzustand war dem Geschick der trainierten Sith nicht gewachsen. Nach einem kurzen, verbissen geführten Handgemenge, in dem sie auf die Nutzung des Lichtschwerts verzichtete, lag der Rodianer schwer keuchend auf dem Boden, ihren rechten fuß auf der Brust.

"Ich bringe Dir eine Botschaft von Darth Saganis: Dies ist der Lohn für Deinen Verrat. Erinnere Dich daran, dass Du es warst, der durch seine Taten ihren Tod verursacht hat, niemand sonst. Erinnere Dich daran an jedem noch folgenden Tag Deines Lebens, in jeder Nacht, in jedem Augenblick. Hast Du Dich jemals gefragt, warum man Dir Dein Schiff nahm und das Spice im Laderaum fand?" Ein unterdrückter, dumpfer Laut rang sich aus seiner Kehle, doch er sagte nichts, starrte nur in die rotglühenden Augen der Chiss. Er war nicht nur geschlagen, sondern vollkommen gebrochen, das erkannte sie nun.

 

Langsam trat sie zurück, nickte ihm zu und ging in Richtung der Tür, um diesen unerfreulichen Ort endlich hinter sich zu lassen, die Gedanken auf den nächsten Besuch fokussiert. Warum Darth Saganis ausgerechnet sie gewählt hatte, um sein Vermächtnis auszuführen, war ihr nach wie vor schleierhaft. Mit einer Hand wischte sie den Dreck vom Oberschenkel, wusste aber, dass der Geruch nach Elend und Verzweiflung noch eine Weile an ihr haften würde. Am Besten, sie ließ alle Kleidungsstücke restlos recyceln.

Sie fühlte keine Genugtuung über das Schicksal des Rodianers, aber auch kein Mitgefühl. Dass Darth Saganis Stück für Stück seinen Lebensunterhalt, dann seine Hoffnungen zerstört hatte, lag an seinem Verhalten in der Vergangenheit. Sollte dies für sie eine Lektion sein, Verrat in jedem Fall zu bestrafen? Doch hatte der Rodianer ciraste nie verraten, sie verband mit dem für sie Unbekannten nichts - zurück blieb nur die Frage nach dem 'warum'. Und diese konnte sie sich noch nicht beantworten.

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